Schutz der Privatsphäre bei Kontrollen von Häftlingen
Verfasst von Christian Schebitz am 20. Juni 2015 in Persönlichkeitsrecht
Auch Strafgefangene haben ein Recht auf Intimsphäre während der Haftunterbringung. Selbst wenn entschieden wurde, dass sie ständig beobachtet werden müssen, sind die Vollzugsbeamten dazu verpflichtet, deren Privatsphäre zu achten. Auf dieses Recht bestand auch der Häftling im folgenden Rechtsfall.
Sichtkontrollen durch weibliches Personal
Der männliche Gefangene stand nach einem versuchten Selbstmord unter dauernder Beobachtung. Konkret bedeutete dies, dass die Vollzugsbeamten in unregelmäßigen zeitlichen Abständen von maximal 15 Minuten, auch nachts, ein Auge auf ihn haben sollten. Diese Kontrollen durch das Fenster zu seiner Zelle wurden auch von weiblichem Personal durchgeführt. Dabei war der Häftling bei mindestens drei Beobachtungsmaßnahmen nackt, weil er sich zuvor nach sportlichen Aktivitäten gewaschen hatte. Darin sah der Strafgefangene ein rechtswidriges Verhalten, was durch die Vorinstanzen allerdings nicht bestätigt wurde.
Intimsphäre des Häftlings muss gewahrt werden
Dagegen legte der Häftling erfolgreich Rechtsbeschwerde ein. Das Oberlandesgericht Hamm hob den Beschluss der Vorinstanz auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Aachen zurück. Generell ist es zulässig, dass Häftlinge durch ein Fenster zur Zelle beobachtet werden, auch durch weibliches Personal. Insbesondere wenn dies zum Schutz des Strafgefangenen geschieht, wie in diesem Fall, um ihn vor einem weiteren Selbstmord zu bewahren. Dennoch müsse bei diesen Beobachtungsmaßnahmen die Intimsphäre des Häftlings gewahrt werden. In die Privatsphäre werde eingegriffen, wenn der Gefangene während der Sichtkontrolle nackt ist. Nun muss nochmals geprüft werden, ob es den Vollzugsbeamten möglich gewesen wäre, ihren Blick in die Zelle zuvor beispielsweise durch ein Klopfen anzukündigen. Dadurch hätte der Häftling die Gelegenheit gehabt, seine Blöße zu bedecken. Allerdings gilt es auch zu beachten, dass die Bediensteten ein Sich-Ankündigen vermieden haben, weil sie befürchteten, dass der Häftling noch in der Zeit zwischen der Ankündigung und der Sichtkontrolle einen Selbstmord begeht.
- Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 19.03.2015; AZ: 1 Vollz(Ws) 664 u. 665/14