Rechtsstreit um Arbeitsort
Verfasst von Christian Schebitz am 7. November 2015 in Arbeitsrecht
Das Landesarbeitsgericht Mainz hat entschieden, dass ein Arbeitgeber den Arbeitsort seines Angestellten nicht willkürlich ändern darf. Es müssen stets die Interessen beider Seiten abgewogen werden.
Arbeitnehmer darf nicht mehr von zu Hause arbeiten
Ein Software-Ingenieur arbeitete seit August 2009 hauptsächlich von zu Hause aus. Die gelegentlichen Fahrten zu seinem 300 km entfernten Betriebssitz wurden von seinem Vorgesetzten stets als Dienstfahrt anerkannt und auch dementsprechend vergütet. Im Rahmen einer Betriebsumstrukturierung im März 2013 schloss der Software-Ingenieur einen neuen Vertrag mit dem Unternehmen ab. Daraufhin forderte sein Arbeitgeber ihn auf, in Zukunft ausschließlich an der Betriebsstätte zu arbeiten und kündigte zudem an, dass die Fahrten zwischen dem Wohnort und dem Betriebssitz nicht mehr als Dienstfahrt anerkannt werden würden. Nachdem das Arbeitsgericht Koblenz die hiergegen gerichtete Klage des Arbeitnehmers abgewiesen hatte, legte dieser gegen das Urteil Berufung ein.
Wer bestimmt über den Arbeitsort?
Das Landesarbeitsgericht Mainz entschied zugunsten des Software-Ingenieurs und hob damit das Urteil des Arbeitsgerichts wieder auf. Die Anweisung des Arbeitgebers wurde für unzulässig erklärt. Zwar könne ein Vorgesetzter gemäß § 106 GewO prinzipiell über den Arbeitsort seiner Angestellten bestimmen, allerdings nur wenn im Arbeitsvertrag keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen wurden und wenn die Maßnahme den Umständen entsprechend angemessen sei. Hierbei müsse neben dem Interesse des Arbeitgebers auch stets das Interesse des Arbeitnehmers berücksichtigt werden.
Interesse des Arbeitnehmers ist im konkreten Fall größer
Da der Vorgesetzte keinen nachvollziehbaren Grund anführen konnte, warum der Beschäftigte zukünftig von dem Betriebssitz aus arbeiten solle, könne sein Interesse lediglich als gering aufgefasst werden. Das Interesse des Software-Ingenieurs sei hingegen als sehr hoch einzuschätzen, weil die Verlagerung seines Arbeitsplatzes mit einem erheblichen Aufwand verbunden wäre. So müsste er entweder umziehen, sich eine Zweitwohnung anmieten, oder jeden Tag eine Strecke von 300 km zurücklegen. Weiterhin habe der Beschäftigte bereits so viele Jahre von zu Hause aus gearbeitet, dass diese Regelung nicht einfach geändert werden könne.
- Quelle: Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Mainz vom 17.12.2014, AZ: 4 Sa 404/14