Keine Sozialleistungen für arbeitssuchende Unionsbürger
Verfasst von Christian Schebitz am 16. Januar 2016 in Sozialrecht
Das Sozialgericht Berlin hat entschieden, dass ein EU-Bürger, der sich nur zur Arbeitssuche in Deutschland aufhält, keinen Anspruch auf Sozialleistungen hat. Damit widersprach das Gericht einem vorangegangenen Urteil des Bundessozialgerichts, das jedem Unionsbürger ab einem Aufenthalt von sechs Monaten Sozialleistungen zugesprochen hatte.
Jobcenter lehnt Hartz IV-Antrag ab
Ein bulgarischer Staatsbürger, der seit 2010 bei seiner Mutter in Berlin lebt, stellte im Februar 2013 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Zumindest bis zur Antragstellung ging er keiner Beschäftigung nach. Das zuständige Jobcenter Berlin Treptow-Köpenick lehnte seine Anfrage ab. Da der Mann ausschließlich zur Arbeitssuche nach Deutschland gekommen sei, könne er auch keine Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II beziehen. Der Antragsteller war der Meinung, dass dieser Leistungsausschluss gegen das EU-Recht verstoße und erhob daher Klage gegen das Jobcenter.
Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche begründet keinen Anspruch auf Sozialleistungen
Das Sozialgericht Berlin hielt den Vorwurf jedoch für unbegründet und wies die Klage ab. In dem beklagten Zeitraum sei der Kläger nicht ausreichend um einen Arbeitsplatz bemüht gewesen. Demnach habe er zwar ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche gehabt, allerdings weder Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) noch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII. Mit dieser Entscheidung widersprach das Sozialgericht Berlin einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG). Dieses hatte vor kurzem jedem EU-Bürger, der sich länger als sechs Monate in Deutschland aufgehalten hat, einen Anspruch auf Sozialhilfe zugesprochen.
Deutscher Staat muss Unionsbürgern nur Überbrückungsleistungen zahlen
Laut den Ausführungen des Berliner Gerichts ist ein Ausschluss von Sozialleistungen mit dem Europäischen Unionsrecht vereinbar. Der Europäische Gerichtshof hat in zwei Entscheidungen klargestellt, dass die Vorschrift, die einen Leistungsausschluss für EU-Bürger vorsieht, die nur zur Arbeitsuche in Deutschland sind (§ 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II), mit Europarecht vereinbar ist (EuGH, Urteil vom 11.11.2014 – C-333/13 und Urteil vom 15.09.2015 – C-67/14). Darüber hinaus hätten Unionsbürger im Gegensatz zu Asylbewerbern durchaus die Möglichkeit, in ihr Heimatland zurückzukehren, um dort staatliche Unterstützung zu beantragen. Der deutsche Staat sei lediglich dazu verpflichtet für sogenannte Überbrückungsleistungen aufzukommen. Dazu gehören unter anderem die Kostenübernahme für die Rückreise und den bis dahin erforderlichen Aufenthalt.
- Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Berlin vom 11.12.2015, AZ: S 149 AS 7191/13