Ein Rechtsextremer als Rechtsanwalt?
Verfasst von Christian Schebitz am 28. August 2015 in Verwaltungsrecht
Nach dem zirka zweijährigen juristischen Vorbereitungsdienst – auch Rechtsreferendariat genannt – wird der Anwärter zum Volljuristen ernannt und darf beispielsweise als Rechts- oder Staatsanwalt tätig werden. Doch kann einem Antragsteller die Ausbildung verweigert werden, wenn dieser rechtsextrem und mehrfach vorbestraft ist?
Antragsteller mehrfach vorbestraft
Dem Anwärter des zugrundeliegenden Falls wurde die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst verweigert, da er für diesen nicht würdig sei. Der Mann war ein Mitglied im Bundes- und Landesvorstand der rechtsextremen Parteien „Die Rechte“ und der „Kameradschaft Hamm“ (welche inzwischen verboten ist). Außerdem war der Antragsteller bereits mehrfach vorbestraft. Im Zeitraum von 2004 bis 2015 wurde er unter anderem wegen Volksverhetzung, Körperverletzung, mehrfacher Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte strafrechtlich verurteilt.
Verlust der Würdigkeit
Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschied, dass der juristische Vorbereitungsdienst nicht uneingeschränkt für alle Bewerber zugänglich sein könne. Eine geordnete Rechtspflege habe oberste Priorität, daher müsste auch stets die Persönlichkeit der Kandidaten berücksichtigt werden. Durch das Rechtsreferendariat werden die Anwärter auf Berufe vorbereitet, durch die das Recht verwirklicht werden soll. Aufgrund seiner Vorgeschichte habe der Mann, im vorliegenden Fall, jedoch die Würdigkeit für den Beruf als Volljurist verloren.
Persönlichkeit ist maßgebend
Auch wenn seine Verurteilungen unter dem im Regelbeispiel des § 30 Abs. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 JAG NRW genannten Strafmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe lagen, sei die Qualität und die Summe der Vorfälle sowie der lange Zeitraum, in dem der Anwärter straffällig geworden war, maßgebend für die Entscheidung. Im Rahmen des juristischen Vorbereitungsdienstes werden die Referendare bereits bei Gerichten, Staatsanwaltschaften und Behörden tätig und müssen dort auch eigenverantwortlich arbeiten. Diese Aufgaben ließen sich jedoch nicht mit der Persönlichkeit des Antragstellers vereinbaren.
- Quelle: Pressemitteilung des Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen vom 12.08.2015, AZ: 6 B733/15