Auskunftsforderung der Presse trotz Schutz von Geschäftsgeheimnissen
Verfasst von Christian Schebitz am 21. April 2015 in Verwaltungsrecht
Einige technische und kaufmännische Aspekte eines Unternehmens sollen nicht an die Konkurrenz und Öffentlichkeit gelangen und sind nur einem bestimmten Personenkreis bekannt. Diese sogenannten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind durch die Paragraphen § 203 und § 204 Strafgesetzbuch sowie §§ 17ff. im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geschützt.
Aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts geht jetzt allerdings hervor, dass staatliche Liegenschaftsverwaltungen der Presse trotz des Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Auskunft geben müssen.
Presse fordert Auskunft über Mietvereinbarungen für Flughafen Tempelhof
Das Urteil bezieht sich auf den folgenden Fall: Teilflächen des stillgelegten Flughafens Berlin Tempelhof gehören der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Berlin. Nachdem der Flugbetrieb eingestellt wurde, wurden die besagten Teilflächen an die BREAD & butter GmbH & Co. KG vermietet, um dort zwei Mal im Jahr eine vierwöchige Modemesse stattfinden zu lassen. Ein Journalist wollte von der für den privatrechtlichen Mietvertrag zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) Auskunft über die genauen Vertragsbestimmungen und den Mietzins haben. Die BImA verweigerte die Auskunft jedoch, woraufhin der Journalist Klage erhob.
Im Berufungsverfahren entschied das Oberverwaltungsgericht Münster, dass die Behörde dem Kläger Auskunft über die Mietbestimmungen geben muss.
Informationsinteresse überwiegt gegenüber der Vertraulichkeitsbestimmung
Die BIma und die BREAD & butter GmbH & Co. KG wehrten sich gegen dieses Urteil und gingen in Revision. Der Fall kam vor das Bundesverwaltungsgericht, welches den Antrag jedoch abwies. Aus dem Beschluss des Leipziger Gerichts geht hervor, dass das Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil zwar zu Unrecht auf das Landespressegesetz verwiesen hat, denn für die Presseauskunftspflicht in Bezug auf Bundesliegenschaften sind nicht die Länder, sondern der Bundesgesetzgeber zuständig. Im Ergebnis ist das Urteil aber korrekt.
Solange keine schutzwürdigen Interessen von Privatleuten oder öffentlichen Stellen verletzt werden, steht Pressevertretern ein unmittelbarer Anspruch auf Auskunftserteilung zu. Im zugrunde liegenden Fall überwiegt das Informationsinteresse gegenüber den Vertraulichkeitsinteressen der Beteiligten, da die Öffentlichkeit Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Vermietung hegte und eine Einsicht in die Vertragsbestimmungen dazu beiträgt, dass sie sich ein umfassendes Urteil über die Vergabe bilden kann. Das Interesse der Öffentlichkeit hat deswegen in diesem Fall mehr Gewicht als der Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, unter den die Vertragsvereinbarungen fallen.
- Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.03.2015 – BVerwG 6 C 12.14 –